Als mir der Sohn zum ersten Mal „Scheißmama!“ entgegen brüllt, bin ich im siebten Himmel. Ich lerne, meine Rolle als Mutter selbst zu definieren.
Das ist der Ausgangspunkt für diesen Mamablog: Wir sind eine ganz normale Familie. Ich bin eine alleinerziehende Mutter, die ihre Freizeit wahlweise am Schreibtisch oder im Pferdestall verbringt – und mein Sohn ist ein normal entwickelter Zweitklässler.
Wenn er im Sommer von der Schule nach Hause kommt, zieht er sich nackt aus und pinkelt in den Garten. Neuerdings läuft er nur noch mit Hosenträgern herum, die er sich in Steve-Urcle-Manier bis zum Anschlag strammzieht.
Passend dazu trägt er eine Hasenohr-Mütze. Diese wird bevorzugt in der Adventszeit hervorgekramt, um die Leute zu verwirren. „Die denken dann, jetzt ist Ostern!“ so die Erklärung des klugen Kindes.
Mit der Hasenohr-Mütze die Welt retten
Das Accessoire zur Mütze bildet eine Nachtsichtbrille, die aus der Beilage einer Kinderzeitschrift stammt. Damit fühlt sich der Sohn für den Ernstfall gewappnet – denn seine Schulfreundin hat kürzlich angekündigt, dass sie Weltherrscherin werden will.
Bei seinem normalen Namen darf ich ihn übrigens auch nicht mehr nennen.
Mit sieben Jahren ist das Kind cool und heißt „Herr Lauch“.
„Weil mein bester Freund heißt Herr Peperoni“, lautet die eingängige Begründung.
Wutkuchen, Wäsche-Desaster und Bügel-Mythos
Hierzu bilde ich das perfekte Pendant: Nach dem Essen schlecke ich liebend gerne meinen Teller sauber, backe Kuchen mit Wut statt Liebe, schmeiße wahllos bunte mit weißer Wäsche zusammen und räume Kleiderschränke ein, indem ich mit der Eleganz eines Basketballspielers nach oben hüpfe und die zusammengeknäulte Wäsche in das Regal hinein katapultiere (bei dieser Technik empfiehlt es sich, schnell die Schranktür zu schließen).
Bügeln halte ich für einen Mythos und es ist mir ein Rätsel, wie man Fenster streifenfrei wischen kann. Im Übrigen konnte ich für die Lösung dieses Rätsels nicht einmal ansatzweise Interesse aufbringen. Ich habe mich einfach mit dem Geheimnis abgefunden.
Mutterqualitäten? Fehlanzeige!
Hinzu kommt, dass ich ohne meinen Kuschelhund namens Tulli nicht einschlafen kann. Man könnte also sagen, dass ich über all die Qualitäten, die gemeinhin als Merkmale guter Mütter angesehen werden, nicht verfüge.
Ich hab es einfach nicht, dieses Mutter-Gen Und das merkte ich sehr früh. Beispielsweise konnte ich der Kleinkindzeit überhaupt nichts abgewinnen und fühlte mich ziemlich fehl am Platz.
Die Aussagen vieler Mütter, die diese Phase als „schönste Zeit des Lebens“ beschrieben, verstand ich nicht. Oft wurde gesagt, man würde jener Zeit hinterher weinen. Heute ist es so, dass ich Freudentränen darüber vergieße, die ersten drei Jahre mit Kind heil überstanden zu haben.
„Scheißmama!“
Das war völlig anders als erwartet. Und keiner hatte mich davor gewarnt. Ich dachte, mit mir stimmt etwas nicht. Ich dachte, ich sei eine schlechte Mutter, weil ich für Krabbelgruppen, Kinderwagen schieben oder Stillen keine helle Begeisterung aufbringen konnte.
Doch es wurde zum Glück besser: Mit zunehmendem Alter des Kindes fand ich meine Mutterrolle richtig spannend. Als der Sohn mir zum ersten Mal die Tür vor der Nase zuschlug und „Scheißmama!“ brüllte, war klar: Jetzt beginnt die beste Zeit meines Lebens! Nun traten wir als eigenständige Individuen miteinander in Beziehung.
Die Freiheit liegt jenseits von Idealen
Über meine Rolle als Mutter werde ich ungeschönt, offen und augenzwinkernd in diesem Blog berichten. Es hat gedauert, bis ich sie selbst definieren und daraufhin annehmen konnte. Als ich endlich damit aufhörte, gängigen Idealen einer guten Mutter entsprechen zu wollen, fühlte ich mich wirklich frei.
Ich bin eine Mutter, die spricht. Und zwar Klartext. Klar soweit?
Sympathische Vorstellung! Die Idee der Anti-Heldin find ich klasse!
Mütter müssen und sollen nicht perfekt sein.
Danke für den tollen Bericht. So ehrliche Worte!!
Liebe Grüße,
Anne.
Danke dir, Anne.
Ich find´s immer herrlich sympathisch, wenn Menschen sich unperfekt und „fehlerhaft“ geben – egal ob Mutter oder nicht.
Liebe Grüße zurück.
Conni
Haha. Dann bin ich wohl auch eine mütterliche Anti-Heldin.
High five!
High-Five zurück, Melli 🙂
Was sind denn deine Antiheldinnen-Skills?