Muttersein mit Ecken und Kanten
Muttersein veränderte mein Leben radikal. Mit einem Mal fühlte ich mich ultimativ deplatziert. Irritiert wandelte ich durch eine Welt aus Thermomix-Smalltalk, Krabbelgruppen, Stilltipps und Spielplatz-Streitereien. Diese Welt war geprägt von Perfektionsdrang und Konkurrenzdenken.
Nie hätte ich mir aumalen können, wie sehr sich Frauen – die doch alle im selben Boot sitzen – untereinander bekriegen. Ich distanzierte mich davon und fühlte mich allein auf weiter Flur. Das war Alientum deluxe.
Perfektion, Konkurrenz und Krieg übers Muttersein
Außerdem herrschte in mir eine Zerrissenheit: Es fühlte sich an, als würde die allgemeine Vorstellung vom Muttersein mein Wesen als Frau verdrängen. Dass beides sehr wohl nebeneinander existieren kann – für diese Erkenntnis habe ich Zeit gebraucht.
Rückblickend hätte ich mir eine Mutter an meiner Seite gewünscht, die sich selbst nicht so ernst nimmt und über ihre Fehler lacht. Eine, die entspannt im Chaos versinkt, weil der Haushalt warten kann. Jemanden, der liebevoll mit den eigenen Unzulänglichkeiten umgeht, anstatt sich Selbstvorwürfe zu machen.
Und genau das ist jetzt mein Credo.
Da niemand all das für mich sein konnte, verkörpere ich es eben selbst. Ich bin die Mutter, die ich mir an meiner Seite gewünscht hätte. Die Anti-Heldin sozusagen. Mit diesem Hintergedanken rief ich meinen Mamablog ins Leben, wo ich ungeschönt über das pralle Leben schreibe. Mit allem, was dazugehört: Übermut, Glückseligkeit, Ausraster, Scheitern, Tränen.
Muttersein ist nicht nur schön
Mutter zu werden ist der totale Kontrollverlust. Wir sind radikal konfrontiert mit unseren Erwartungen, Ansprüchen und Abgründen. Darin steckt enormes Wachstumspotenzial. Die Frage ist: Reden wir uns alles schön, weil Mutterschaft so sein muss – oder sehen wir der Realität ins Auge?
Für mich heißt das, nicht mehr gegen das Leben zu kämpfen, es anzunehmen und freundlich zu mir zu sein. Gerade dann, wenn scheinbar alles schief läuft. Mit diesem Mut begegne ich der Angst vor dem Scheitern.
Dieser Weg lohnt sich, weil Kinder keinen Perfektionismus brauchen, sondern echte Menschen mit Ecken und Kanten. Unsere Eltern-Rolle selbst zu definieren ist nicht nur die größte Herausforderung, sondern zugleich das schönste Geschenk, das wir unseren Kindern machen können.