Ich bin eine schreiende Mutter und stehe dazu. Der Beziehung zu meinem Sohn tut das keinen Abbruch – im Gegenteil.
Wenn mich mein Sohn tierisch aufregt, werde ich laut. Erst macht sich eine brodelnde Hitze in meiner Bauchgegend breit, dann steigt dieser Wutschwall langsam nach oben. Unvermeidlich wie ein Vulkanausbruch.
Dann ist die Wut größer als ich. Da gibt es keinen Verstand mehr und keinen Raum zu reflektieren. Ich bin eine schreiende Mutter und stehe dazu. Und wisst ihr was? Das fühlt sich verdammt gut an.
Kinder haben ein Recht auf wütende Eltern
Ganz schön provokant, mögen manche jetzt denken. Und obendrein total unpädagogisch. Ich finde das nicht provokant, sondern menschlich.
Oft sind wir Eltern extrem gefordert und befinden uns an der Belastungsgrenze. Dass einem dabei mal die Sicherungen durchbrennen können, ist doch klar. Und ich finde, man darf das äußern. Einige halten ihre Gefühle zurück aus Angst, schlechte Eltern zu sein.
Alle Gefühle wollen gelebt werden
Sie merken, wenn wir etwas vor ihnen verstecken und provozieren so lange, bis wir es endlich herauslassen. Das ist befreiend! Denn dadurch entsteht unmittelbare, unverfälschte Begegnung. Absolut authentisch und frei von jeder Beschönigung. Manchmal gibt es eben nichts zu beschönigen. Manchmal ist es einfach verdammt scheiße.
Das will ich ausdrücken. Und zwar laut. Ich zeige mein wahres Gesicht – mein wütendes Gesicht. Der Beziehung zu meinem Kind schadet das nicht. Im Gegenteil. Es bringt uns näher zusammen.
Wut ist kraftvoll und lebendig
Das mag paradox klingen, ist es aber nicht. Wut ist per se nichts Negatives, sondern sehr kraftvoll und lebendig. Ich will, dass mich mein Sohn so erlebt. Er soll wahrnehmen, dass seine Mutter keine ewig säuselnde Ja-Sagerin ist, die alles hinnimmt. Ich bin kein braves Muttchen.
Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch, der seine Gefühle ausdrückt. Wenn es die Umstände erfordern, auch schreiender Weise. Ich werde meinem Kind gegenüber laut, weil es mich ultimativ auf die Palme bringt. Weil ich es manchmal am liebsten auf den Mond katapultieren würde. Weil mich gewisse Sachen unheimlich ankotzen.
Ich schreie. Mein Kind schreit zurück.
Es fliegen die Fetzen. Es knallen die Türen. Und dann, wenn der ganze Zorn verraucht ist, sind wir uns näher als zuvor.
Wut heraus zu lassen ist per se nicht falsch. Nur kann es sein, wenn sich der Verdtand ausschaltet und nur die Emotion übernimmt, dass man Dinge sagt und tut, die man später bereut. Und vll auch nicht zurück nehmen kann. Und, man kann sich auch ohne Wutausbrüche durchsetzen. Meine Mutter hatte früher oft Wutausbrüche. Tagelange. Mitten in der Nacht, am Morgen und am Abend. Schon bei Kleinigkeiten explodierte sie. Das war oft die Hölle und führte eher dazu, dass sich die Familie vor ihr zurück zog. Näher gebracht hat es uns nicht. Im Gegenteil. Und heute, wenn Frauen schreien, sorgt… Weiterlesen »
Hi Charlette, ich hatte auch so eine Mutter, wie du sie beschreibst. Sie war unberechenbar und es geschah genauso wie du es beschreibst: die anderen zogen sich von ihr zurück. Meine Mutter war nicht in der Lage, sich selbst zu reflektieren. Auch war sie nicht in der Lage, Verantwortung für ihre Gefühle zu übernehmen. Und das sind die Punkte, die mich von meiner Mutter unterscheiden. Gefühlsausbrüche einer Person, die für ihre Emotionen die Verantwortung trägt, haben eine ganz andere „Qualität“. Für mich ist Zuhause ein geschützter Raum, wo alles da sein darf. Ich werde laut. Mein Sohn wird auch laut… Weiterlesen »
Danke für den ehrlichen Beitrag. 🙂
Gern geschehen.
Ich gebe zu, es hat mich Überwindung gekostet, das so öffentlich zu machen.
Jetzt wissen alle Bescheid über meine „Rabenmutter-Qualitäten“ :-))
🙂 glaub mir. Besser als diese Scheinwelten und dahinter lauter kaputte Mütter die sich selbst vergessen und heimlich am Klo weinen.
Danke 🙂
Ich mag deine unverblümte Schreibweise.
Hab ein bisschen auf deinem Blog gestöbert und bin auf den Artikel über „Das perfekte Insta- und Bloggerleben“ gestoßen.
Das ist so ein klasse Bericht. Der bringt diesen Möchtegern-Perfektionismus perfekt auf den Punkt!
Ich wollte dir einen Kommentar dalassen, aber es gab keine Funktion dafür – also hab ich ne E-Mail geschrieben.
Ooooh Danke 🙂 ja wir müssen den Blog mal wieder auf Vordermann bringen. Mit 4 Kindern ist das immer ganz unten Auf der To-Do Liste
Kommentare hab ich natürlich nicht kapiert, dass deaktiviert waren. *loooool* Ich Überbloggerin, ich.
Achso. Ich dachte erst, du hättest die Kommentare bewusst deaktiviert, um kontroverse Diskussionen zu vermeiden 🙂
Gerade heute trifft mich dein Beitrag richtig. Denn wie so oft habe ich mich mit meiner Tochter gefetzt und das so richtig. Jetzt ist sie beim Schwimmen mit Opa und ich sitze zuhause und grübel darüber nach, wieso ich mich denn nicht einfach wieder beherrschen konnte. Tja, du sagst es – weil ich auch nur ein Mensch bin. Und ja meine große kitzelt auch immer an dieser Grenze meiner Selbstbeherrschung bis ich sie verliere. Es freut mich zumindest, dass es nicht nur mir so geht. Aber es wirklich so hinnehmen und dazu stehen? Das kann ich irgendwie nicht… Viele Grüße… Weiterlesen »
Hallo Wioleta und danke für deine ehrlichen Worte! Ich bin positiv überrascht, wie viele Frauen das genauso kennen. Die Erleichterung ist definitiv auf beiden Seiten 🙂 Solche „extremen“ Situationen sind glaub ich unvermeidbar, wenn man Kinder hat. Als ich noch kinderlos war gab es keine großartigen Konfrontationen in meinem Leben. Ich bin vom Wesen her friedlich. Früher konnte ich Disharmonien schlecht aushalten. Hab starke Gefühle gedeckelt und des Friedens Wilen viel ertragen. Das ging so lange gut, bis mein Sohn auf die Welt kam. Er wurde größer und forderte mich auf eine Weise heraus, die mir bis dahin unbekannt war.… Weiterlesen »
Danke Danke Danke! Du sprichst mir und vielen anderen Mamas aus der Seele! Bitte mehr davon!
Marisol
Hey Marisol 🙂
Ich danke dir für die Rückmeldung.
Schön, dass dir der Text gefällt. Scheint ja doch einen Nerv zu treffen.
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Es wird auf jeden Fall noch mehr Kontroverses kommen. Ist in Arbeit 😉
Liebe Grüße,
Conni
Mit kamen beim lesen die Tränen. Deine Worte haben mich sehr berührt.
Herzliche Grüße aus der Schweiz,
Irmgard
Ach Irmi,
ich geb dir eine Cyber-Umarmung.
Alles Gute dir.
Conni
In mir schreit es innerlich: „JA!“ bei jedem Satz!! Toll, das du dieses Tabu ansprichst!!
Fühl dich ganz fest gedrückt, Ruth.
Grüß dich Ruth!
Das ist hoffentlich bald kein Tabu mehr.
Dieses überhöhte Mutterideal, das solchen vermeintlich negativen Verhaltensweisen keinen Platz lässt, tut niemandem gut.
Alles Liebe,
Conni
Amen, Schwester!
Ich hab Pipi in den Augen… ein wahrer und sehr herzlicher Artikel!